"Drei Klausuren und ein Todesfall" - Michael Marten

 Ein etwas ungewöhnliches Buch (bzw. Roman). Ich muss gestehen, ich habe es zu Beginn nur gelesen, weil der Autor mein ehemaliger Englisch-Ergänzungs Lehrer in der 12. Klasse war. (Ehemalig klingt als wäre es schon so lange her, dabei bin ich gerade mal in der 13.) Beim Lesen musste ich dann feststellen, dass ich den Roman eindeutig als den seinen identifizieren konnte. Er schreibt genauso wie er redet: von einem Thema zum anderen springend, aber dennoch einen roten Faden erkennbar habend (wenngleich der Faden fast durchsichtig ist).
Die Geschichte spielt in einer Schule, die Hauptperson, Philipp Willms, ist Lehrer, ungefähr in dem gleichen Alter wie der Autor. Marten lässt in seiner Nachbemerkung selbst verlauten, dass „die eher fragwürdigen Eigenschaften der Romanfiguren […] dem Charakter des Autoren [sprich: ihm selbst] entlehnt [wurden]“. Dies wird auch deutlich, vorausgesetzt natürlich, der Autor ist einem bekannt.
Die Handlung: Philipp Willms baut auf die Beförderung zum Fachbereichsleiter des Bereiches Gesellschaftswissenschaften. Diese Beförderung geht jedoch an seinen Intimfeind, Dieter Ramcke, der nun auch die bildhübsche Referendarin Miriam ausbilden darf, auf die Philipp bereits ein Auge geworfen hat. In Philipp erwachen lang vergessene Urinstinkte: Rivale! Frau! Beute! Er entwickelt einen Plan, um an Ramckes Stelle Fachbereichsleiter zu werden und ihn bei seinen Kollegen madig zu machen. Was als kleine Intrige beginnt, verselbstständigt sich bald auf ungeahnte Weise und zieht die Schüler in Mitleidenschaft. Schon bald kann kein Lehrer mehr dem anderen trauen.
Bereits der Prolog ist echt witzig geschrieben, verursacht zunächst jedoch Erstaunen. Es ist von einer Trauergemeinde die Rede. Darauf folgt (ich zitiere): „Es war auf einmal sehr still in der Kapelle. Er hätte am liebsten vor Glück getanzt. Nur noch wenige Tage. Und dann: Spaciger Sex.“
Ich war zunächst echt überrascht, den Prolog zu lesen, hatte ich doch einen eher langweiligeren stinknormalen Krimi erwartet. Doch enttäuscht wurde ich nicht: eine Leiche tauchte (wenn auch eher im hinteren Drittel) schließlich doch noch auf.
Die Lehrer scheinen Stereotype zu sein und der Krieg, der sich unter ihnen ausbreitet ein Kampf der Meinungen und Ansichten zum Schulalltag, zwischen männlich und weiblich, alt und jung. Heribert Karst verursachte bei mir das stärkste und häufigste Kopfschütteln, gehört er doch eindeutig in eine Geschlossene oder zumindest in ein Altenheim, schließlich hält er eine Abstellkammer für sein Büro und sich selbst am Ende nicht mehr für sich selbst.
Die Zustände am „Altsprachlichen Gymnasium am Wilhelmshain“ lassen sich am besten mit einem Zitat erläutern (SPOILER): „Weyhrauch nicht mehr Direktor, Erdmann, Rotteck und Möller in medizinischer Behandlung, Ramcke unter der Erde, Braitbach unter psychiatrischer Obhut, Willms in der Klinik. Und ein Kollege namens Hellmann […] krankgemeldet [wegen] Mumps“ (S. 190).
Um es kurz zu fassen: Der Roman ist eine gut gelungene, satirische Darstellung der Verhältnisse zwischen Lehrern. Ich bin immer noch dabei, zu überlegen, welche meiner Lehrer auf welche Stereotypen, bzw. Lehrer im Roman, zutreffen und wen Marten bei den Beschreibungen der Charaktere wohl im Auge hatte.
Ich stimme einhundertprozentig den Aussagen der Berliner Morgenpost („Eine bitterböse Satire“) und der Ruhr Nachrichten („Locker und witzig geschrieben“) zu.
Meine Hand landete während des Lesens mehr als nur ein paar Mal auf meiner Stirn.
Wenn ihr nichts gegen Satiren habt, dann folgt meinem Rat und lest diesen Roman!!!

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